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Mittwochmorgen: Anja Seyfang vom Aussiedlerhof in den Schlater Hohwiesen begrüßt strahlend  Christian Merk. Der Molkereimeister kommt einmal im Monat mit seiner mobilen Käserei auf den Hof gefahren, um rund 1600 Liter Milch zu Käse zu verarbeiten. Sein drei Tonnen schwerer Anhänger, ist mit allem ausgestattet, was für die Herstellung von Käse vonnöten ist.

Nachdem Wasser und Strom angeschlossen sind, kann es mit der ersten Käsung gleich losgehen. 800 Liter Milch werden aus dem Milchtank in den Edelstahlkessel im Inneren der Mobilen Käserei gepumpt. Anschließend wird die vier Grad Celsius kalte Milch in dem doppelwandigen Kessel wie in einem Simmertopf unter ständigem Rühren auf 32 Grad erwärmt. Nach 20 bis 30 Minuten „Vorreifezeit“ fügt Christian Merk gefriergetrocknete Milchsäurebakterien, Kalzium und Lab hinzu, lässt den „Rührarm“ im Kessel alles kräftig durchmischen und schaut auf die Uhr. „In den nächsten 30 Minuten gerinnt die Milch“ erklärt er.

Während der sogenannten Dicklegung verlässt der „Käser“ den Anhänger, um Erschütterungen zu vermeiden. Zeit für einen Kaffee und einen Plausch mit der Bäuerin Anja Seyfang. Die hätte gern ein bisschen mehr Chili in der „Chilligen Clara“. Der Molkereimeister hakt nach: „Bist du sicher, dass er den Kunden dann nicht zu scharf ist?“ Anja Seyfang ist sicher.

Wer scharf nicht mag, kann ja eine andere Sorte wählen. Die „Schnittige Susi“ etwa, oder die „Bockige Bea“ mit Bockshornkleesamen. Neben den drei Schnittkäsen stehen auch noch drei Hartkäsesorten zur Auswahl. Die „Grüne Greta“ mit Kräutern, die „Peppige Paula“ mit Pfeffer und die naturbelassene „Kesse Karla“.

Ein Blick auf die Uhr. Die 30 Minuten sind um. Nichts wie zurück in den Anhänger, wo sich die Milch dank der Zutaten in eine Masse mit puddingartiger Konsistenz verwandelt hat. Statt des Rührflügels dreht sich nun die sogenannte Käseharfe im Kessel, die wie eine Art überdimensionaler Eierschneider aussieht. Die Harfe zerteilt die Gallertmasse in kleine Teile. „Je kleiner die Masse geteilt wird, umso mehr Molke tritt aus“, erklärt Merk. „Und je mehr Molke austritt, desto fester ist später der fertige Käse." 

Als der Fachmann den „Bruch“ für klein genug befindet, wird die Harfe wieder durch den Rührflügel ersetzt. Zehn Minuten lang rührt dieser das Bruchmolkegemisch gut durch, dann erhöht Merk die Temperatur auf 37 Grad. Er lässt den Rührarm weiterarbeiten, während er die zylindrischen Kunststoffformen herrichtet.

Im nächsten Arbeitsschritt werden ein Teil von Molke und Bruch aus dem Kessel herausgepumpt und voneinander getrennt. Den Bruch füllt Merk in die Behälter, an denen bei näherer Betrachtung die vielen winzigen Löcher auffallen. Durch diese tritt spritzend die Restmolke aus, als Merk ein 16 Kilogramm schweres Gewicht auf die weißgelbe Masse setzt. In einigen der Formen hat er zuvor eine abgewogene Menge an kleinen Chillistückchen unter den Käsebruch gerührt. Dem im Kessel verbliebenen Bruchmolkegemisch wird nun vorher eingeweichter und aufgekochter Bockshornkleesamen zugesetzt. Noch einmal kräftig rühren, dann beginnt das Abfüllprozedere von vorn.

Eine Viertelstunde später wird die fest gewordene, aber immer noch etwas schwabbelig wirkende Masse, die sich durch das Pressen auf weniger als die Hälfte reduziert hat, aus den Behältern gestürzt. Merk schneidet Scheiben, trennt sie durch Einlagen voneinander, legt sie zurück in die Form und beschwert sie erneut mit Gewichten. „800 Liter Milch ergeben zwischen 80 und 100 Kilogramm Käse“, erklärt Christian Merk, während er die zweite Käsung des Tages vorbereitet, die weitere drei Stunden in Anspruch nehmen wird.

Am Ende des Tages wird er die entstandenen Käselaibe mit ins Allgäu nehmen. „Dort kommen sie für zwei Tage ins Salzbad und werden anschließend vier Wochen lang zum Reifen gelagert“, erklärt der Allgäuer. „Beim nächsten Besuch in Schlat bringe ich sie wieder mit.“ Auf dem Hof der Seyfangs reift der Schnittkäse weitere sechs und der Hartkäse zehn bis zwölf Wochen nach, bevor er in den Verkauf kommt.

Der Molkereimeister aus Altusried hat sein Handwerk von der Pike auf gelernt hat. Zur Selbstständigkeit entschloss er sich ob der Tatsache, dass es ihn immer weniger befriedigte, in einer Großmolkerei industriell Käse herzustellen. „Die Werbung suggeriert den Verbrauchern, dass Käse immer noch wie zu Großvaters Zeiten hergestellt wird, aber tatsächlich hat das mit Handwerk nichts mehr zu tun“, verrät der Molkereimeister.

Mittlerweile steuert er mit seinem „Käsemobil“ Höfe im gesamten süddeutschen Raum an und ist vollständig ausgelastet. Zum Leidwesen von Anja Seyfang, die ganz gern zweimal monatlich auf ihrem Hof Käse herstellen lassen würde. Anders als von den Seyfangs anfänglich befürchtet, geht der Schlater Hohwiesenkäse, der seit eineinhalb Jahren regional über Hofläden vertrieben wird, nämlich bestens über die Tresen. „Wir haben damals nach alternativen Ideen gesucht, um den fallenden Milchpreis mit einem Zusatzverdienst auszugleichen“, erzählen Anja und Karl Seyfang, die 60 Milchkühe ihr Eigen nennen. Im Internet stießen sie auf die mobile Käserei. „Ein Glücksfall, dass wir rein gerutscht sind“, meint Anja Seyfang und hofft, dass es irgendwann doch mit zwei Käsungen im Monat klappt.

Die Landwirtin, die sich auch die pfiffigen Namen für die hofeigenen Käsesorten ausgedacht hat, kümmert sich um das Nachreifen, die Lagerung, die Verpackung und die Vermarktung des Hohwiesenkäses.

Die ganze Familie Seyfang freut sich darüber, dass „ihr“ Käse so gut läuft. „Unsere Milch – unser Produkt, durch den Käse erfahren wir eine ganz andere Wertschätzung, als wenn die Milch in großen Mengen in der Anonymität verschwindet“, strahlen die Seyfangs. Sie denken bereits darüber nach, wofür sich die Molke nutzen lassen könnte, die jeden Monat in die Güllegrube läuft. „Ist doch schade drum“, meint Anja Seyfang, der bestimmt etwas einfallen wird.